Making-of einer Fotomontage: Pavian in Rentnerpose
Wer schaut im Zoo wen an? Klar, die Besucher kommen, um die Tiere zu beobachten. Doch wenn man den Blicken der Tiere folgt, scheint es auch umgekehrt zu sein. Diesen Eindruck hatte ich, als mich ein imposanter Pavianmann im Tierpark Hellabrunn fixierte. Der Ausdruck und die Pose gefielen mit so gut, dass ich ihn in entsprechendem (Fenster-) Rahmen noch besser zur Wirkung bringen wollte.
Früher sah man häufiger Rentner, die auf einem Kissen aufgestützt die Straße beobachten. Nach diesem Muster habe ich eine Fotomontage erstellt, in der der Pavian in menschenähnlicher Pose aus einem Fenster schaut.
Für die Montage kombiniere ich das Foto eines Pavians mit dem eines Fensters. Unterschiedliche Perspektiven muss ich diesmal nicht aufeinander abstimmen, da Wand und Fenster nur flach abgebildet sind, aber wie fast immer passen Farbe, Struktur, Licht und Schatten der Fotos nicht zueinander.
Das Originalfoto des Pavians, das ich 2022 im Tierpark Hellabrunn aufgenommen hatte, wirkt sehr flau.
Mit Lightroom Classic entwickele ich es: Struktur, Klarheit, Kontrast verstärkt und das Motiv aufgehellt. Dabei gewinne ich auch in den dunklen Bereichen mehr Struktur.
Das Fenster habe ich 10 Jahre vor dem Zoofoto in Tallinn aufgenommen. Sehr praktisch, dass man mit Fotomontagen beliebig große Zeiträume überspringen kann. Ich hübsche das Fenster passend zum Pavianbild auf.
Die entwickelten Fotos exportiere ich als Smartobjekte nach Photoshop. Als ich den Pavian in die Fenster-Datei übertrage, fällt mir auf, dass ich ihn nicht skalieren muss. Er passt ohne Größenveränderung exakt in die Fenster-Datei; es scheint so, dass Affe und Fenster einfach füreinander bestimmt sind.
Ich positioniere den Pavian so, dass er seinen Arm lässig auf der Fensterkante abstützen kann. Dazu muss ich den Arm mit der Formgitter-Funktion anheben, weil der Affe ihn im Original hängen lässt. Den unteren Teil des Fensters baue ich aus. Das passt gut zu dem alten Haus. Glück gehabt, dass ich nicht aufwendig ein geöffnetes Fenster rekonstruieren muss. Ich beschneide das Bild dann so (die offizielle Bezeichnung „freistellen“ finde ich blöd), dass der Affe möglichst groß zur Wirkung kommt, aber man von seinem Wand-Fenster-Rahmen noch genug sehen kann.
Was ist jetzt mit dem Raum hinter dem Affen? Am einfachsten wäre es, die Fläche einheitlich dunkel zu färben. Realistischer wirkt es aber, wenn man etwas von der Struktur des Hintergrunds erahnen kann. Ich finde ein passendes Foto eines Hotelzimmers, das ich 2022 in Rostock aufgenommen habe.
Da man auf der Montage sowieso kaum noch was erkennen soll, ist die Bearbeitung schnell gemacht: Konturen weichzeichnen und Bild stark abdunkeln.
Der Rest ist Fleißarbeit: Augen aufhellen, Struktur in ausgefressenen Stellen ergänzen, Licht und Schatten anpassen … Beim Fensterbrett entferne ich die harten Schatten, damit es zu dem diffuseren Licht des Affenbildes passt.
Die Endfassung drucke ich im Format A3+ und hänge sie in meine Leseecke. Ich stelle immer wieder fest, dass mir bei einem beiläufigen Blick, z. B. wenn ich kurz vom Buch hochschaue, Unstimmigkeiten erkenne, die mir bei noch so anstrengendem längerem Analysieren am Monitor nicht auffallen. Nach den letzten Korrekturen hänge ich das Bild ganz oben über andere Montagen, die ich gerade bearbeitete.
Ich habe den Eindruck, dass der Pavianmann sich dort oben sehr wohlfühlt, weil genau dieser erhöhte Platz ihm gebührt. Er ist der Chef!