Making-of der Parodie auf Nighthawks von E.Hopper (1)
Ich darf meine aufwändige Rekonstruktion von Nighthawks aus urheberrechtlichen Gründen nicht zeigen. Doch wie so häufig ergibt sich zufällig eine Lösung. Das Thema des DOCMA Awards 2019 bringt mich auf eine Idee. Wie wäre es, wenn ich im Sinne eines „Remix Culture“ mein Bild zu einer Parodie weiterentwickle?
Eine deutlich erkennbare Parodie ist ein neues Werk und dieses kann man nicht mit dem Original verwechseln. Sie darf ohne den Genehmigungszirkus veröffentlicht werden.
Die Fachwelt hat die Frage nicht beantworten können, was die rothaarige Dame im Originalbild in der Hand hält. Ich löse das Rätsel. Ist es nicht eine typische Handhaltung, die man heute sehr häufig sieht?
Na klar, sie schaut auf ihr Smartphone. Es ist verständlich, dass sie damit noch nicht so gut umgehen kann. Schließlich hat Hopper das Bild bereits 1942 fertiggestellt. Sie nutzt die Segnungen des Internets und bestellt ein tolles Haarfärbemittel. Bei der Eingabe der Menge vertippt sie sich. Ein Paketdienst unserer Zeit beamt sich in die Vergangenheit und liefern per Express 100 Flaschen Haarfärbemittel aus.
Der Zusteller scheint jedoch noch zu zögern, weil er nicht weiß wo die Tür zum Diner ist. Hopper hat wohl aus künstlerischen Gründen keinen Zugang gemalt.
Ich verwende bei der Rekonstruktion von Nighthawks und der Weiterentwicklung zur Parodie kein Pixel von einem Foto des Originalbildes. Stattdessen nutzte ich ähnliche Fotos aus dem Adobe Stock und einige aus meinem Portfolio.
Als erstes kümmere ich mich immer um die Perspektive. Die Fluchtlinien von der Front des Diners laufen akkurat nach links auf den Fluchtpunkt zu.
Bei der Analyse der Fluchtlinien des Gebäudes im Hintergrund verliere ich kurz den Respekt vor Hopper. Er hat die oberen Kanten der Fenster zu hoch gemalt. Der Fluchtpunkt liegt deutlich über dem Horizont.
Die typische Antwort der Kunstexperten würde sicher lauten: Das hat der Künstler so gewollt und ist wichtig für den künstlerischen Ausdruck. Ich betrachte beide Varianten und sehe keine wesentlichen Unterschiede in der künstlerischen Wirkung. Wenn der Fluchtpunkt sehr weit außerhalb des Bildes liegt, ist es nicht so leicht, die Fluchtlinien korrekt zu zeichnen. Fehler sind dann aber auch nicht so auffällig. Mein Respekt vor Hopper ist wieder hergestellt, zumal er nicht über die heutigen digitalen Werkzeuge verfügte, Fluchtpunkte weit außerhalb des Bildes zu überprüfen.
Wonach soll ich mich bei meiner Montage richten? Übernehme ich diesen kleinen Fehler von Hopper oder korrigiere ich ihn? Ich wollte doch feststellen, wie Nighthawks aussehen könnte, wenn Hopper die heutigen Werkzeuge gehabe hätte. Also korrigiere ich auch konsequent den Fehler in der Perspektive.
Ich beginne meine Montage mit dem Gebäude im Hintergrund. Ein wesentliches Merkmal ist die Holzverkleidung der Fassade im Erdgeschoss. Im Adobe Stock finde ich ein Foto mit einem ähnlichen Gebäude.
Die grüne Front auf der rechten Seite passt von der Aufteilung der Fenster ungefähr. Ich schneide diesen Teil aus, verforme es und kopiere es für eine Verlängerung nach rechts. Der Rohbau ist fertig.
Die Spiegelungen in den Fenstern passen nicht zur neuen Szene. Ich decke die Spiegelungen ab und baue Verkleidungen in die Schaufenster ein. Die Stufe im Eingang passe ich auf das zukünftige Niveau des Bürgersteigs an.
Was ist mit dem Obergeschoss? Die Ziegelfront und die Fenster weichen sehr stark vom Originalbild ab. Im Adobe Stock finde ich kein geeignetes Foto. Ich muss das Obergeschoss mit Photoshop malen.
Schritt für Schritt ergänze ich weitere Teile. Im Vordergrund füge ich die Fassade des Diners ein.
Innen baue ich den Tresen auf und außen befestige ich die Werbetafel für Zigarren. Bei der Schrift habe ich ein Problem. Hopper hat sie teilweise unleserlich gemalt. War die Tafel schon verwittert und hat Hopper dies wiedergegeben? Oder war es für ihn nicht so leicht, mit einem Pinsel die Schrift exakt zu malen? Ich stelle fest, dass an einigen Stellen die Struktur der Leinwand durchscheint.
Weil ich das Werk nicht nur kopieren möchte, sondern mit den heutigen komfortablen Werkzeugen neu erstellen möchte, entscheide ich mich dafür, die Schrift etwas exakter wiederzugeben. Hier bietet Photoshop eine sehr komfortable Funktion. Ich füttere das Programm mit den Umrissen der Schrift und erhalte ähnliche Schriftformen. Der Schrifttyp Rockwell passt recht gut.
In vielen weiteren Schritten muss ich noch unzählige Details einfügen. Im nächsten Beitrag zeige ich, wie ich die einzelnen Bilder zur vollständigen Montage kombiniere (zum Beitrag).