Keine Sau interessiert sich für mich –
wie Amateurfotografen Anerkennung gewinnen

31.05.2017     2 Kommentare

Was passiert jetzt mit meinen Fotos? Sie schlummern auf der Festplatte des PCs oder sind irgendwo im Smart Phone versteckt. Alle Amateurfotografen möchten ihre Bilder zeigen. Doch wie erreicht man ernsthaft interessierte Betrachter?

Lieblingsfarbe Blau

Lieblingsfarbe Blau

Jeder Amateurfotograf landet nach der Anfangseuphorie bei dieser Frage. Meist geht es innerhalb der Familie und im engeren Bekanntenkreis los. Der Hobbyfotograf freut sich über die ersten positiven Anmerkungen aber irgendwie fehlt ein fundiertes Feedback, das einen weiterbringen könnte. Die kurzen Shows am PC-Monitor oder Smartphone-Display sind letztlich doch unbefriedigend.

Und dann kommt auch noch die falsche Reaktion. Alle wollen z. B. immer nur die lieben Tierbilder sehen, an denen man sich auch mal versucht hat. Das fiel mir besonders bei dem Bild mit den Wellensittichen auf. Das kam an. Die aus meiner Sicht ernsthafteren Fotos interessierten keine Sau.

Wo kriegt man ein fachkundiges und ehrliches Feedback? Im Fotoclub? In den sozialen Medien? Bei Wettbewerben?

Die Fotoclubs sind überaltert. Nur einige wenige schaffen es, mit speziellen Themen jüngere Fotointeressierte anzusprechen. Diese werden dann von den erfahrenen Mitgliedern auf das normiert, was man schon seit Jahrzehnten gemacht hat. Zu technischen Fragen gibt es in den Clubs gute Hinweise. Aber inhaltlich bringen einen die erfahrenen Mitglieder meist nicht weiter. Der motivierte Newcomer wird auf das reduziert, was im Club bereits die letzten Jahrzehnte ankam. Neuen Ideen und anderen Wegen stehen die alten Hasen misstrauisch gegenüber. Entweder der Neuling fügt sich und verschwindet im Allerlei des Clubs  oder er verfolgt seine neuen Ideen und sucht dann aber häufig sein Glück außerhalb der ehrwürdigen Gemeinschaft.

Also dann doch lieber mit der Zeit gehen und die Dynamik der neuen Medien nutzen? Die sind moderner, unkomplizierter und schneller. Und in den Fotocommunities gibt es auch sofort Feedback. Aber das bringt einen auch nicht weiter. Die Kommentare sind meist sehr kurz und oberflächlich. Und die gruppendynamischen Phänomene lassen den ersthaften Neuling schnell resignieren: Lobst Du mein Foto, lobe ich Dein Foto …

Haarpracht

Haarpracht

Also bleibe ich für ein bisschen Anerkennung bei den salonfähigen putzigen Tierfotos?  Ein typischer Vertreter ist mein Lisztaffe, der wegen seiner üppigen Haarpracht nach dem Komponisten Franz Liszt benannt wurde. Tiere kommen immer gut an. Das klappt besonders gut, wenn sie drollig in die Welt schauen.

Und was ist mit Fotowettbewerben? Da gibt es doch fachkundig berufene Jurys. Das darf man sich aber nicht so vorstellen, dass die Mitglieder eine besondere Ausbildung gemacht hätten und für diese Aufgabe zertifiziert seien. Bei Amateurwettbewerben werden häufig Fotografen berufen, die bereits viele Jahre fotografieren und sich hochgedient haben. Damit erklärt sich auch, warum die prämierten Wettbewerbsfotos meist alle sehr ähnlich aussehen.

Das gilt aber nicht für alle Wettbewerbe. Bevor ich an einem Wettbewerb teilnehme, versuche ich zu klären, was das Ziel des Veranstalters ist und ob er sich die Mühe macht, eine fachkundige Jury zu berufen. Ganz besonders vorsichtig sollte man aber sein, wenn der Ausrichter nur billig an Fotos für eigene Werbezwecke kommen möchte. Gute Chancen haben meist dekorative Bilder, die sich im Katalog und auf Ausstellungen gut machen.

Für Amateurfotografen ist es also nicht so leicht, Anerkennung von den Betrachtern seiner Fotos zu erhalten. Vielleicht reichen ihm ja auch die anderen Beweggründe. Dieses Thema habe ich bereits in einem Blogbeitrag behandelt (zum Beitrag).

Volle Fahrt

Volle Fahrt

Im Bild „Volle Fahrt“ zeige ich zwar auch ein Tier, hier versuche ich aber mehr meinen Stil einzubringen. Ich möchte möglichst das Wesentliche herausarbeiten und mich dabei auf die inhaltliche Aussage konzentrieren. Meine Bilder erhalten dabei einen fast grafischen Charakter. Bei dem Schwan ging es mir um die beeindruckende Kraft, mit der er sich durch das Wasser stößt und dabei größere Wellen formt.

Um den mechanischen Prozess zu unterstreichen, platzierte ich ihn genau mittig und frontal. In diesem Fall also nicht ästhetisch nach dem Goldenen Schnitt etwas seitlich und auch nicht im Halbprofil. Traditionelle Fotografen finden das wahrscheinlich nicht so gut. Das gilt sicher auch für die starke Betonung der Wellen, die damit etwas künstlich wirken.

Die Profis haben mit der Anerkennung keine Probleme. Der Auftraggeber bezahlt (hoffentlich) und drückt damit implizit seine Anerkennung aus. Viele Profifotografen fühlen sich aber in ihrer künstlerischen Freiheit durch die Kundenwünsche und Marktzwänge beschnitten. Das sieht man auf ihren Websites, wo sie neben den Referenzen in großem Stil ihre freien (!) Projekte zeigen. Daraus schließe ich, dass sich viele Profis anscheinend in ihren Berufszwängen eingesperrt fühlen.

Das pikante Fazit lautet also: Entweder geht der Fotograf konsequent seinen kreativen Eingebungen nach, dann hapert es aber mit der Anerkennung. Oder er zieht die Anerkennung aus dem Kundenprojekt, dann ist er aber in seiner künstlerischen Freiheit eingeschränkt.

Man kann halt nicht alles haben. Oder?

Zur Grundfrage der Hobbyfotografen fällt mir das Lied der Comedian Harmonists aus den 20er Jahren ein, das Max Raabe 1992 mit seinem Remake zum Durchbruch verhalf:

Kein Schwein ruft mich an.

Keine Sau interessiert sich für mich…

Kommentare

  • Gwendoline

    26.01.2018, 23:24 Uhr

    Ich bekomme zwischen den Zeilen auch nach mehrmaligem Lesen nicht heraus worum es hier geht. Wechselweit ist von fundierter Kritik oder Hilfe und Anerkennung die Rede.

    Darauf komme ich gleich zurück.

    Was mich besonders bewegt hat ist der plötzliche Schwenk in die Profifotografie, inklusive einem für meine Belange schweren Fehlschluss.

    Versuchen wir den „Profifotografen“ mal mit dem „Profimusiker“ zu vergleichen, der den wesentlichen Teil seiner Karriere tatsächlich nicht mit eigenen Kompositionen bestreitet.

    Wir reden jetzt in beiden Genres von Profis, die tatsächlich dauerhaft und über ein Leben von der Hand in den Mund hinaus ein überdurchschnittliches Einkommen erwirtschaften können.

    Das ist ein großes Geschenk das Amateure unter Umständen nicht verstehen, weil sie in ihrem Hobby dauernd irgendeine Selbstverwirklichung suchen, die sie zumeist mangels fachlicher Ausbildung und zudem nicht (ausreichend) vorhandenem Talent eben nur auf einer eingeschränkten, persönlichen, emotionalen Ebene erreichen. Und das ist keine Schande.

    Eine Schande ist es allerdings, wenn einen das persönliche, ach so wichtige Herzblut, das ausgewählte Hobby, gar nicht erfüllt, weil man in dieser Welt nur noch von Anerkennung abhängt.

    Dahinter steckt leider auch eine deutliche Schwäche zur Selbstreflexion. In Wirklichkeit ist die nämlich unterbewusst oft vorhanden. Die meisten wissen, dass sie weniger als durchschnittlich sind, wälzen das aber ab auf das Gefühl durchschnittlicher Anerkennung, anstatt sich das einfach einzugestehen und an sich zu arbeiten, oder eben mit dem Ergebnis als persönlichen Erfolg zu leben.

    Amateure kaufen sich Kameraausstattungen von mehreren Tausend Euro. Aber schau mal wer von denen wirklich einen professionelle Ausbelichtung bei einer Fachfrau in Auftrag gibt und das dann hinterher in einem Fachgeschäft rahmen lässt? Unter dem Strich für ein nicht wirklich gutes Format locker 300-500 Euro.

    Und da fängt dann schon das „aber, aber…“ an. Und bei mir hört das da eben auf. Weil da wieder die fachliche und sachliche Praxis durch Geschwätz eingetauscht wird, statt sich wirklich und ernsthaft zu fragen, „warum ist mir mein eigenes Bild nicht die Investition von 300 Euro wert“?

    Nochmal zum Profi. Viele Profis zeigen ihre privaten Projekte gar nicht in den „sozialen“ Medien oder auf eigenen Seiten. Und wenn, dann auf kleinen Ausstellungen, auf denen – glücklicherweise – nicht all jene Menschen erscheinen, die man im WWW so antrifft. Da geht es dann nicht mehr um Anerkennung. Die braucht man dann einfach nicht mehr. Da geht es nicht um Masse.

    Profi zu sein heisst nicht, sich zu verwirklichen. Dieses Verwirklichungsding ist der Eisberg Nummer 1 an der persönlichen Titanic der meisten Selbstständigen. Egal ob Eisdiele, Restaurant oder Fotograf.

    Ich möchte Dir nicht zu nahe treten. Schuld an dieser zunehmenden Fehlwahrnehmung von Profession sind auch die ganzen Blogs, Vlogs und „Fachbuch“-Akrobaten, die mit ihrer Präsenz darüber hinweg täuschen, dass sie für alle diese Aktivitäten gar keine Zeit hätten, würden sie als Selbstständige Profis wirklich wenigstens 5.000 oder 6.000 Euro monatlich erwirtschaften (vor Abzug von Steuer, KV und laufenden Kosten).


    • L.Wiese

      28.01.2018, 22:07 Uhr

      Danke für Deinen ausführlichen Kommentar.
      Zum Bereich der Amateurfotografie kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Bis auf wenige Ausnahmen waren alle Hobbyfotografen an einer Reaktion auf ihre Fotos interessiert. Befürwortung, Bestätigung, Zuspruch und damit letztlich Anerkennung wurden erfreut aufgenommen. Aber auch konstruktive Kritik mit evtl. weiterführenden Diskussionen akzeptierten die meisten Amateurfotografen.
      Für die Profifotografie basieren meine Texte auf Recherchen in der Literatur und im Social Media. Dabei fiel mir auf, dass viele Profis im Internet neben der Tagesarbeit auch freie Projekte präsentieren. Ich vermute jedoch, dass Du aus Deiner Erfahrung mit einem vorwiegenden Eindruck aus den Zwängen des Tagesgeschäfts der Profis beim Thema „Zufriedenheit im Beruf “ zu anderen Ergebnissen kommst.


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