Keine Sau interessiert sich für mich –
wie Amateurfotografen Anerkennung gewinnen
Was passiert jetzt mit meinen Fotos? Sie schlummern auf der Festplatte des PCs oder sind irgendwo im Smart Phone versteckt. Alle Amateurfotografen möchten ihre Bilder zeigen. Doch wie erreicht man ernsthaft interessierte Betrachter?
Jeder Amateurfotograf landet nach der Anfangseuphorie bei dieser Frage. Meist geht es innerhalb der Familie und im engeren Bekanntenkreis los. Der Hobbyfotograf freut sich über die ersten positiven Anmerkungen aber irgendwie fehlt ein fundiertes Feedback, das einen weiterbringen könnte. Die kurzen Shows am PC-Monitor oder Smartphone-Display sind letztlich doch unbefriedigend.
Und dann kommt auch noch die falsche Reaktion. Alle wollen z. B. immer nur die lieben Tierbilder sehen, an denen man sich auch mal versucht hat. Das fiel mir besonders bei dem Bild mit den Wellensittichen auf. Das kam an. Die aus meiner Sicht ernsthafteren Fotos interessierten keine Sau.
Wo kriegt man ein fachkundiges und ehrliches Feedback? Im Fotoclub? In den sozialen Medien? Bei Wettbewerben?
Die Fotoclubs sind überaltert. Nur einige wenige schaffen es, mit speziellen Themen jüngere Fotointeressierte anzusprechen. Diese werden dann von den erfahrenen Mitgliedern auf das normiert, was man schon seit Jahrzehnten gemacht hat. Zu technischen Fragen gibt es in den Clubs gute Hinweise. Aber inhaltlich bringen einen die erfahrenen Mitglieder meist nicht weiter. Der motivierte Newcomer wird auf das reduziert, was im Club bereits die letzten Jahrzehnte ankam. Neuen Ideen und anderen Wegen stehen die alten Hasen misstrauisch gegenüber. Entweder der Neuling fügt sich und verschwindet im Allerlei des Clubs oder er verfolgt seine neuen Ideen und sucht dann aber häufig sein Glück außerhalb der ehrwürdigen Gemeinschaft.
Also dann doch lieber mit der Zeit gehen und die Dynamik der neuen Medien nutzen? Die sind moderner, unkomplizierter und schneller. Und in den Fotocommunities gibt es auch sofort Feedback. Aber das bringt einen auch nicht weiter. Die Kommentare sind meist sehr kurz und oberflächlich. Und die gruppendynamischen Phänomene lassen den ersthaften Neuling schnell resignieren: Lobst Du mein Foto, lobe ich Dein Foto …
Also bleibe ich für ein bisschen Anerkennung bei den salonfähigen putzigen Tierfotos? Ein typischer Vertreter ist mein Lisztaffe, der wegen seiner üppigen Haarpracht nach dem Komponisten Franz Liszt benannt wurde. Tiere kommen immer gut an. Das klappt besonders gut, wenn sie drollig in die Welt schauen.
Und was ist mit Fotowettbewerben? Da gibt es doch fachkundig berufene Jurys. Das darf man sich aber nicht so vorstellen, dass die Mitglieder eine besondere Ausbildung gemacht hätten und für diese Aufgabe zertifiziert seien. Bei Amateurwettbewerben werden häufig Fotografen berufen, die bereits viele Jahre fotografieren und sich hochgedient haben. Damit erklärt sich auch, warum die prämierten Wettbewerbsfotos meist alle sehr ähnlich aussehen.
Das gilt aber nicht für alle Wettbewerbe. Bevor ich an einem Wettbewerb teilnehme, versuche ich zu klären, was das Ziel des Veranstalters ist und ob er sich die Mühe macht, eine fachkundige Jury zu berufen. Ganz besonders vorsichtig sollte man aber sein, wenn der Ausrichter nur billig an Fotos für eigene Werbezwecke kommen möchte. Gute Chancen haben meist dekorative Bilder, die sich im Katalog und auf Ausstellungen gut machen.
Für Amateurfotografen ist es also nicht so leicht, Anerkennung von den Betrachtern seiner Fotos zu erhalten. Vielleicht reichen ihm ja auch die anderen Beweggründe. Dieses Thema habe ich bereits in einem Blogbeitrag behandelt (zum Beitrag).
Im Bild „Volle Fahrt“ zeige ich zwar auch ein Tier, hier versuche ich aber mehr meinen Stil einzubringen. Ich möchte möglichst das Wesentliche herausarbeiten und mich dabei auf die inhaltliche Aussage konzentrieren. Meine Bilder erhalten dabei einen fast grafischen Charakter. Bei dem Schwan ging es mir um die beeindruckende Kraft, mit der er sich durch das Wasser stößt und dabei größere Wellen formt.
Um den mechanischen Prozess zu unterstreichen, platzierte ich ihn genau mittig und frontal. In diesem Fall also nicht ästhetisch nach dem Goldenen Schnitt etwas seitlich und auch nicht im Halbprofil. Traditionelle Fotografen finden das wahrscheinlich nicht so gut. Das gilt sicher auch für die starke Betonung der Wellen, die damit etwas künstlich wirken.
Die Profis haben mit der Anerkennung keine Probleme. Der Auftraggeber bezahlt (hoffentlich) und drückt damit implizit seine Anerkennung aus. Viele Profifotografen fühlen sich aber in ihrer künstlerischen Freiheit durch die Kundenwünsche und Marktzwänge beschnitten. Das sieht man auf ihren Websites, wo sie neben den Referenzen in großem Stil ihre freien (!) Projekte zeigen. Daraus schließe ich, dass sich viele Profis anscheinend in ihren Berufszwängen eingesperrt fühlen.
Das pikante Fazit lautet also: Entweder geht der Fotograf konsequent seinen kreativen Eingebungen nach, dann hapert es aber mit der Anerkennung. Oder er zieht die Anerkennung aus dem Kundenprojekt, dann ist er aber in seiner künstlerischen Freiheit eingeschränkt.
Man kann halt nicht alles haben. Oder?
Zur Grundfrage der Hobbyfotografen fällt mir das Lied der Comedian Harmonists aus den 20er Jahren ein, das Max Raabe 1992 mit seinem Remake zum Durchbruch verhalf:
Kein Schwein ruft mich an.
Keine Sau interessiert sich für mich…