Instagram für Fotografen (5) –
Wertvolles Feedback zu meinen Fotomontagen
Bei meinem Selbstversuch mit Instagram stelle ich fest, dass ich einiges aus dem Feedback meiner Follower lernen kann. Sehr beliebt sind einfache kurze Fragestellungen. Ich bin häufig unsicher, ob die Farbfassung eines Bildes oder die Schwarzweiß-Variante besser ist. In Instagram kann man in einem Post mehrere Bilder platzieren. Mit diesem Feature stelle ich meine Farb- und Schwarzweißbilder einander gegenüber und frage, welche Fassung besser gefällt. Das funktioniert sehr gut. Ich erhalte viele Antworten, manchmal sogar mit schlüssigen Begründungen.
Das Bild mit der Dame, die auf einem roten Teppich träumt, findet sowohl in Schwarzweiß als auch in Farbe eine passende Begründung.
„BW finde ich besser, regt die Fantasie an. Das farbige Foto ist mir einfach zu krass. LG und einen schönen Abend 🙋“
„Ich denke, wer auf einem roten Teppich träumt, träumt bunte Träume. Die farbige Variante hat für mich mehr Ausdruck und Tiefe.“
Vielleicht habe ich bei dieser Sequenz über längere Zeit auch deswegen sehr treue Kritiker, weil ich für die einzelnen Bilder und die Serien die Ergebnisse mitteile, d. h. ob Schwarzweiß oder Farbe gewonnen hat.
Das Gesamtergebnis zeigt, dass meinen Followern die Farbbilder besser gefallen. Bei 61 % der Bilder stimmen sie mehrheitlich für die Farb- und nur bei 17 % für die Schwarzweiß-Fassung. 22 % erhalten gleich viele Stimmen für Farbe und Schwarzweiß. Letztere sind aus meiner Sicht häufig sehr interessante Bilder. Bei dem mit der Dame auf dem roten Teppich ging es auch unentschieden aus. Nach den Votings wurde mit bewusst, wie unterschiedlich man das Bild interpretieren kann. Ich habe also etwas aus dem Feedback meiner Follower gelernt.
Auch bei meinen Montagen erhalte ich sehr nützliche Hinweise. Einigen aufmerksamen Instagrammern fallen Fehler auf.
Eine sehr aktive Kritikerin aus Petersburg weist mich darauf hin, dass die Spiegelung nicht einheitlich ist. Die Fenster des Balkons mit dem Blumenfreund spiegeln nicht, während alle anderen die Häuserlandschaft von New York wiedergeben.
Die Erklärung ist einfach. Den Balkon mit den Blumen hatte ich vier Tage vorher bei diffusem Licht fotografiert. Als ich später das ganze Gebäude aufnahm, schien die Sonne. Ich hatte einen elementaren Anfängerfehler bei der Montage gemacht.
Ich passe die Fenster des eingefügten Balkons an und poste das Bild in der Vorher- und Nachher-Fassung. Das Echo darauf ist sehr verhalten. Es bestätigt sich, dass die meisten meiner Follower nicht an solchen Details interessiert sind.
Trotzdem poste ich drei weitere Korrekturen.
Ich erhalte bei dem Bild „Pause“ einen Kommentar, der auf „Springtime😄💛“ hinweist. Die Bäume im Hintergrund sehen aber eher nach Herbst aus. Ich schaue mir das Original an, das ich aus dem Adobe-Stock bezogen hatte. Und tatsächlich, der Bildbearbeiter hatte wohl etwas zu sehr in den Farbtopf gegriffen. Das Gras ist zu grün.
Ich gebe dem Gras eine etwas herbstlichere Färbung. Jetzt ist der Bildinhalt zwar konsistent aber nun beschweren sich einige Follower darüber, dass das grüne Gras besser aussah. Also hätte ich wohl die herbstlichen Bäume auf Frühling trimmen müssen.
Der aufmerksamen Petersburgerin fällt bei dem Bild des Pinguins in der Wüste auf, dass die Fußspuren nicht passen. Stimmt, sie sehen eher wie Schuhabdrücke aus.
Ich poste ein korrigiertes Bild und erhalte wieder viele Hinweise, dass es den Betrachtern auf dieses Detail nicht so ankommt.
Beim letzten Fehler handelt es sich wieder um eine Spiegelung.
Ich erhalte den sehr guten Hinweis, dass sich der Pinguin nicht im Wasser spiegelt. In der glatten Wasseroberfläche ist dagegen das Spiegelbild der Steine sehr gut zu erkennen.
Für diese Korrektur erhalte ich nur Zustimmungen. Dieser Fehler war anscheinend doch sehr störend.
Bildermacher mit Interesse an Fotomontagen hätten sich wahrscheinlich mehr für meine Montagefehlern interessiert. Aber Digital Artists sind auf Instagram seltener vertreten. Und die, die ich finde, haben meist einen Stil, der mir nicht so zusagt.
Dark Art ist sehr verbreitet. Diese melancholischen und mystischen Bilder in düsterer Umgebung mag ich nicht. Die Montageelemente sind häufig willkürlich zusammengesetzt, sie sind nicht aufeinander abgestimmt. Die kombinierten Bildteile werden meist aufwandsarm mit Verläufen und weichen Kanten ineinander übergeblendet. Wenn ich jedoch Bildermacher finde, die in einem ähnlichen Stil wie ich arbeiten, stelle ich häufig fest, dass diese weniger an einem fachlichen Austausch interessiert sind, sondern primär ihre kommerziellen Dienste anbieten.
Seit dem Jahr 2019 verfolgt Instagram verstärkt den Verkauf von Diensten und Werbung. Der Algorithmus wurde Schritt für Schritt auf dieses Ziel ausgerichtet. Meine sehr individuelle Nutzung von Instagram passt nicht zu diesem Regelwerk. Ich nutze den Instagram-Feed nicht. Das Ranking der Posts und die eingestreuten Werbebeiträge gefallen mir nicht.
Ich spüre auch deutlich den Zwang zur permanenten Präsenz in unserer digitalen Wegwerf-Gesellschaft. Likes und Kommentare kommen nach einem neuen Post nur in den folgenden 24 Std, allenfalls noch am Folgetag. Der Algorithmus platziert nur relativ aktuelle Bilder im Instagram-Feed der Abonnenten. Ältere Bilder sind weniger relevant. Mit meinen sporadischen Posts kann ich auf Instagram nicht punkten.
Außerdem poste ich nur sehr selten vom Handy. Ich nutze die komfortable Oberfläche meines PCs und spiegele Instagram vor, dass ich vom Smartphone arbeite. Im Browser kann ich andere Geräte emulieren.
Ich vermute, dass ich für den Algorithmus von Instagram mit meinem Verhalten äußerst verdächtig bin und deswegen meine Posts nicht sehr gepusht werden. Die ursprünglichen Steigerungsraten aus der goldenen Anfangszeit von Instagram sind sowieso vorbei.
Aber jetzt mal ehrlich. Irgendwie muss sich die eine Milliarde Dollar, die Facebook für Instagram bezahlt hat, ja lohnen. Schön wäre es, wenn es eine erfolgreiche Fotoplattform gäbe, die sich primär nach den Interessen der Nutzer richten würde und die dann auch durchaus etwas kosten dürfte. Aber das ist ein anderes Thema …
Im nächsten Beitrag fasse ich meinen Erfahrungsbericht zusammen (zum Beitrag).