Amateurfotografen sind keine Künstler (2)

18.07.2018     Kommentare geschlossen

Als ich vor 10 Jahren begann mich intensiver mit Fotografie zu beschäftigen, hatte ich wahrscheinlich Anfängerglück. Ich erhielt im Jahr 2010 eine Einladung zu einer Gala der Fotokunst.

Blickfang in der Steinwüste #1

Blickfang in der Steinwüste #1

Das Bild „Blickfang in der Steinwüste #1“ hatte beim Trierenberg Super Circuit eine Goldmedaille gewonnen. Der Organisator spricht bei dem Wettbewerb von einem Fotokunstsalon, ein bereits etwas angestaubter Begriff. Auch auf der Website darf das Wort Kunst nicht fehlen. Er bezeichnet den Fotowettbewerb als „World’s Largest Photo Art Contest“.

Im letzten Beitrag habe ich bereits einiges über den Gebrauch des Begriffs Kunst in der Amateurfotografie geschrieben. Doch warum können Amateurfotografen aus meiner Sicht keine Künstler sein?

Die Tageszeitung Die Welt hat den DOCMA-Award als den renommiertesten Wettbewerb für digitale Kunst im deutschsprachigen Raum bezeichnet.

Klimawandel

Klimawandel

Ist mein Bild Klimawandel, mit dem ich den Platz 2 des Adobe Stock Sonderwettbewerbs erzielt habe, damit etwa ein Kunstwerk?

Früher wurde versucht, Kunst nach qualitativen Kriterien zu definieren. Es ging um sinnliche Erkenntnis, die Erklärung der Welt auf anschaulichem Weg …
Aus meiner pragmatischen Sicht kann ein Bild heute jedoch nur dann als Kunstwerk gelten, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Der Produzent des Bildes …

… bezeichnet sich als Künstler.

… sieht sein Produkt als Kunstwerk an.

… findet Käufer, die ihn als Künstler und das Bild als Kunstwerk anerkennen.

Nach dieser Definition ist der Begriff der Kunst allein auf den Kunstmarkt beschränkt. Dieser hat seine eigenen Gesetze, die durch monetäre Interessen geprägt sind. Die Person des Künstlers ist wichtig. Meist ist die Ausbildung an einer Kunsthochschule Voraussetzung. Vor allen Dingen sollte es sich um eine interessante Persönlichkeit handeln, in die es sich lohnt mit Werterhalt zu investieren.

Amateurfotografen haben keinen Zugang zum Kunstmarkt. Also produzieren sie auch keine Kunst. Ihre Produkte könnten vielleicht mit dem historischen Begriff Volkskunst bezeichnet werden, wie er z. B. bei Bauernmalerei verwendet wird.

Nachdem die Fototechnik kein Herrschaftswissen mehr ist, liefern die Amateurfotografen technisch perfekte Fotos. Sie verstehen nicht, warum die aus ihrer Sicht schlampigen Bilder der echten Fotokünstler hofiert werden. Oft finden sie ihre Fotos besser als die der Absolventen der Kunsthochschulen. Die anerkannten Künstler setzen sich jedoch von den Amateuren u. a. durch einen dokumentierten konzeptionellen Ansatz ab. Manchmal habe ich den Eindruck, dass technische Perfektion mit Absicht zurückgenommen wird, um sich deutlicher von Amateuren zu unterscheiden.

Die Amateurfotografen müssen sich also damit begnügen, sich innerhalb ihrer Kaste gegenseitig zu versichern, wie gut ihre Fotos sind. Und bei den deswegen weit verbreiteten Wettbewerben wird sehr gern die Kunstszene beschworen.

Ich muss gestehen, dass ich in der Anfangszeit auch mit dem Begriff Kunst geliebäugelt habe. Man will schließlich wissen, wie man das bezeichnet, was man da so produziert. Da kommt die gesellschaftlich angesehene Kunstwelt gerade recht. Aber bald wurde mir klar, dass das Etikett Kunst nicht nach qualitativ nachvollziehbaren Kriterien vergeben wird, sondern allein nach monetären Gesichtspunkten.

Das im letzten Beitrag geschilderte Angebot, eines meiner Bilder in einer Galerie auszustellen und zum Verkauf anzubieten, konnte ich somit souverän ablehnen. Der Veranstalter des Trierenberg Super Circuit ist zusätzlich Kurator der Hartlauer Foto Galerie am Pöstlingsberg in Linz. Er nutzt das riesige Portfolio aus seinem internationalen Wettbewerb, um dekorative Bilder zu verkaufen. Zusätzlich zum Angebot in der Galerie bietet er über tausend Bilder auf einer Online-Plattform an. Ich empfand die Vertragsbedingungen sehr einseitig zugunsten des Veranstalters und lehnte mit dem Hinweis ab, dass ich mit meiner Fotografie keine kommerziellen Ziele verfolge.

Habe ich damit den Einstieg in die Kunstwelt verschmäht? Schließlich war ich als Künstler angesprochen worden und bei meinem Bild handle es sich nach der Beschreibung der Galerie um internationale Fotokunst in Perfektion. Da begnüge ich mich doch lieber mit einer bereits etwas zurück liegenden Anerkennung als Künstler. Wenn ich meiner Oma stolz meine Kinderzeichnungen zeigte, sagte sie: „Du bist ja schon ein richtiger kleiner Künstler.“