Amateurfotografen sind keine Künstler (1)
Jetzt habe ich es geschafft. Ich werde als Künstler angesprochen.
Der Kurator einer Galerie bietet mir an, mein Bild „Fotografen-Falle #4“ auszustellen. Er rechnet mir vor, dass ich damit bis zu 2.000 € einnehmen kann.
Ich muss gestehen, zunächst freue ich mich über die Anerkennung. Aber dann beginne ich zu grübeln. Bin ich überhaupt ein Künstler? Um welche Galerie handelt es sich? Wieviel verdient die Galerie mit den Bildern? … Was ist überhaupt Kunst?
Bisher konnte mir niemand begreiflich machen, was Kunst ist. Es gibt zwar unzählige Erklärungen und Definitionen aber die Frage ist für mich letztlich doch offengeblieben.
Viele Amateurfotografen kokettieren gern mit dem Begriff Künstler. Das kann man sehr gut im Deutsche Verband für Fotografie (DVF) verfolgen, der sich als Synonym für die deutsche Amateurfotografie sieht.
Im DVF-Journal 11/16 schreibt der Präsident über die vermeintlichen Zwänge, immer die neueste Technik einsetzen zu müssen. Er schließt mit dem Satz: „Die Kunst siegt gottlob immer über die Technik.“ Da fühlen sich sicher viele DVF-Mitglieder angesprochen. Ich kann mich an einen Beitrag im mittlerweile ausgestorbenen Diskussionsforum des DVF erinnern, in dem ein langjähriges Mitglied äußerte, dass wir doch alle Künstler sein wollen. Erfolgreiche Amateurfotografen werden in Artikeln immer wieder als Künstler oder Fotokünstler vorgestellt, die künstlerische Fotografie produzieren.
Ich weiß nicht, ob die DVF-Jury das Bild „Floßfahrt regenerativ #1“ als künstlerische Fotografie angesehen hat. Im DVF-Juryhandbuch steht jedenfalls, dass die Bildidee eine eigene künstlerische Schöpfung sein sollte. Außerdem fordern die Autoren des Handbuchs Jurymitglieder, die Kenner der fotografischen Kunst- und Wettbewerbsszene sind. Als ich die Mitteilung erhielt, dass das Bild bei der Deutschen Fotomeisterschaft 2014 eine Urkunde erhalten hatte, war ich dann jedenfalls, wie alle Gewinner, mit der Prämierung sehr einverstanden.
Die jüngeren Vertreter der Amateurfotografie werfen im Social Media mit dem Begriff Kunst nicht so um sich. Sie sind mit dieser Bezeichnung sehr viel vorsichtiger.
Im folgenden Beitrag beschreibe ich weitere Beispiele, bei denen Vertreter der Amateurfotografie den Begriff Kunst bemühen. Als Resümee versuche ich mich in einer pragmatischen Definition, an der ich mich zukünftig bei den Betrachtungen und Diskussionen entlanghangeln kann (zum Beitrag).