Eine spiegellose Systemkamera (DSLM) muss her (3) –
Kompaktkameras sind Geschichte
Ende 2007 buche ich einen Fotokurs bei einem Berufsfotografen, der über eine abgeschlossene Fotografenausbildung mit Diplom verfügt.
Wir stöbern in einer leeren Fabrik am Ostbahnhof herum und üben uns in Fotografie von Lost Places. Die meisten Kursteilnehmer haben einen dicken Rucksack dabei. Der Mitstreiter mit der umfangreichsten Ausstattung stellt jedoch in dieser speziellen Umgebung fest, dass er auf seinen Fotos meist nur einen beschränkten Ausschnitt des Innenraums festhalten kann. Er braucht jetzt und hier ein Superweitwinkelobjektiv, packt die Ausrüstung zusammen und ist schon auf dem Weg zum größten Fotoausstatter am Sendlinger Tor.
Der Kursleiter versucht ihn aufzuhalten. So ein Kauf müsse gut vorbereitet sein und er könne sich doch auch auf relevante Ausschnitte der Räumlichkeiten konzentrieren. Es hilft alles nichts, ein weiteres Objektiv muss her und weg ist er. Nach einer knappen Stunde wissen wir alle im Kurs, dass das neue Objektiv besser ist als erwartet. Er müsse beim Fotografieren sogar darauf achten, seine Fußspitzen nicht mit aufzunehmen. Soviel zur Technikgläubigkeit.
Aber ich war ja auch nicht untätig. Mittlerweile hatte ich meine Kompaktkamera mit einem einfachen aber sehr flexiblen Gorillapod ausgestattet. Damit kann ich ungewöhnliche Aufnahmen in Bodennähe machen.
Das Foto mit dem Schriftzug „Death“ auf einer grünen Wand kommt beim Kursleiter gut an. Er wählt es für unsere Ausstellung im Kulturzentrum Gasteig aus. Der Kursleiter räumt mir gegenüber ein, dass er auch versucht hätte mit seiner Profikamera mein Foto nachzuvollziehen. Es würde bei ihm jedoch nicht so gut wirken. Ich gestehe meine Nachbearbeitungen am PC. Insbesondere die Farbsättigung habe ich verstärkt, um die Schrift deutlicher wirken zu lassen. An seinem Blick sehe ich die Skepsis, er steht stärkeren Nachbearbeitungen kritisch gegenüber.
Damit habe ich das zweite Schlüsselerlebnis in meiner Fotoausbildung: Mit Bildbearbeitung kann ich dem Foto die Aussage geben, die ich vom Aufnahmezeitpunkt in Erinnerung habe. Oder ist das Betrug gegenüber den rechtschaffenden reinen Fotografen? Aus meiner Sicht zählt allein das Ergebnis, so wie ich es in einigen Blogbeiträgen erläutert habe ( zum Beitrag , weiterer Beitrag ).
Mit meinen Anfangserfolgen im Lehrjahr bin ich mutig geworden. Ich will wissen, wie meine Fotos außerhalb der begrenzten Welt der VHS-Kurse ankommen. Welche Fotowettbewerbe sind für mich geeignet? Ich schicke meine Bilder an zwei deutsche Fotozeitschriften und frech an zwei internationale Wettbewerbe. Beim renommierten Trierenberg Super Circuit erziele ich mit Anfängerglück einige Annahmen.
Mit dem Schnappschuss eines verschmutzen Autos kann ich landen.
Auch das Bild eines Walkers in Österreich kommt gut an. Am Anfang ändere ich zwar noch die Metadaten, um eine teurere Kamera vorzutäuschen, aber als mir klar wurde, dass die Juroren die Bilder im Sekundentakt abarbeiten, lasse ich auch das.
Nachdem ich alle technischen Möglichkeiten meiner Kompaktkamera ausgereizt habe, spiele ich doch mit dem Gedanken, mir eine DSLR zuzulegen. Mit mehr Erfahrung komme ich zunehmend in Situationen, in denen das RAW-Format, eine Blendeneinstellung, ein größerer ISO-Bereich, ein stärkeres Zoom und ein Bildstabilisator geholfen hätten. Während meines letzten Kurses kaufe ich eine DSLR.
„Du jetzt auch?“ fragt mich der einzige Mitstreiter, der auch mit einer Kompaktkamera fotografiert. Ich bin abtrünnig geworden und er muss jetzt allein die Ehre der Fotografen mit Kompaktkameras verteidigen. Aber im weiteren Kursverlauf gelingt es ihm gut. Seine beschränkten finanziellen Möglichkeiten gleicht er durch großen Ideenreichtum aus. Seine Fotos landen bei den kritischen Durchsprachen immer im oberen Drittel.
Im nächsten Beitrag berichte ich über den Kauf der DSLR und meine ersten Erfahrungen damit, die zunächst überwiegend negativ ausfallen (zum Beitrag).